Externe Begleitung als Erfolgsfaktor: Wenn Veränderung wirklich umgesetzt wird - Stefan Seißler
Stefan Seißler ist Prokurist und Bereichsleiter Markt bei der enwag in Wetzlar. Mit ihm haben wir nicht nur über die Veränderungen und Herausforderungen im Shared Service gesprochen, sondern auch über die Umsetzung von Projektkonzeptionen/-ergebnissen. Externe Begleitung kann hier zum echten Gamechanger werden.
Herr Seißler, die Abteilung Shared Service hat einige Veränderungen in den letzten Jahren durchlaufen. Wo sehen Sie rückblickend die größten Veränderungen und worin lag ihre Motivation die Abteilung in ihren Bereich zu integrieren?
Stefan Seißler: Meine zentrale Motivation war und ist es, die Sichtbarkeit und Wertschätzung der Abteilung Shared Service im Unternehmen deutlich zu erhöhen sowie die Schnittstellenbedeutung zu den vor- und nachgelagerten Abteilungen fortwährend zu schärfen.
Durch gezielte Kommunikation auf Geschäftsführungs- und Bereichsebene konnte das Verständnis für Aufgaben und Verantwortlichkeiten gestärkt werden. Ziel war es, Aufmerksamkeit und Fokus zu schaffen – denn bislang wurde der Shared Service oft wie ein „Maschinenraum“ wahrgenommen, der einfach funktionieren sollte.
Gleichzeitig wurde die Veränderungsbereitschaft innerhalb der Organisationseinheit gezielt gefördert, um Prozesse und Strukturen flexibel an neue Anforderungen anpassen zu können.
In 2024 haben Sie gemeinsam eine Standortanalyse mit uns, der Projekt:Unternehmensberatung, durchgeführt. In dieser sind verschiedene Optimierungs- und Veränderungsideen entstanden. Warum haben Sie sich für die externe Begleitung im Rahmen des anschließenden Umsetzungs- und Veränderungsprozesses entschieden?
Stefan Seißler: Eine externe Begleitung war aus zwei zentralen Gründen erforderlich: Zum einen bestand intern eine Vakanz in der Führungsposition, wodurch eine direkte Umsetzung aufgrund der laufenden Einarbeitung nicht möglich gewesen wäre – obwohl ein zeitnaher Projektstart essenziell wichtig war.
Zum anderen habe ich mir durch die externe Unterstützung mehr Fokus und Management-Attention erhofft: Leistungen sind klar definiert und vergütet, was ihre Priorisierung erleichtert. Der externe Impuls erhöht den positiven Handlungsdruck und verhindert, dass das Tagesgeschäft automatisch Vorrang erhält.
Darüber hinaus bringt externe Begleitung Neutralität, unterstützt effektiv an Schnittstellen, denn so kann ein Finger auch mal in die Wunde gelegt werden. Zudem fördert externe Unterstützung oftmals die Kommunikation auf Augenhöhe und schafft Akzeptanz, da sie frei von internen Befindlichkeiten ist. Projekt:Unternehmensberatung hat fehlende interne Ressourcen durch Projektmanagement- und Methodenkompetenz sichergestellt, die in dieser Phase nicht intern verfügbar waren.
Glauben Sie, dass die Steuerung und Umsetzung der einzelnen Maßnahmen retrospektiv durch die Mitarbeitenden der Abteilung eigenständig hätte erfolgen können? Was empfanden Sie als besonders vorteilhaft durch die externe Begleitung?
Stefan Seißler: Nein, zu diesem Zeitpunkt wäre eine eigenständige Umsetzung nicht möglich gewesen. Besonders hilfreich waren das strukturierte Vorgehen sowie das Einbringen von Erfahrungen und Fachwissen aus den energiewirtschaftlichen Kernprozessen. Die hohe Akzeptanz im Team basierte vor allem auf dem fundierten Know-how, das Projekt:Unternehmensberatung mitbrachte. Die Kolleginnen und Kollegen schätzten den Austausch auf Augenhöhe und die sachliche Diskussionskultur – das ermöglichte fundierte und zielgerichtete Entscheidungen.
Transparente, regelmäßige Updates sorgten für klare Orientierung und sichtbaren Fortschritt – unterstützt durch das eingesetzte Projekttool.
Nun lag der Fokus vor allem auf prozessualen und organisatorischen Veränderungen. Wo sehen Sie den größten Bedarf im Hinblick auf weitergehende Automatisierung und Digitalisierung in ihrem Shared Service?
Stefan Seißler: Der größte Bedarf im Shared Service liegt derzeit in der systemseitigen Massenprozessverarbeitung, z. B. durch RPA-Lösungen, in Verbindung mit BPO-Dienstleistungen. Besonders bei standardisierten, volumenstarken Prozessen (u. a. Bearbeitung von INVOIC-Nachrichten) sehen wir erhebliches Potenzial Die Entlastung sorgt auch für Akzeptanz bei den Mitarbeitenden, denn die Bearbeitungszeiten sowie die Belastungen in Spitzenzeiten können deutlich reduziert und Mitarbeitende gezielt für komplexe, wertschöpfende Aufgaben eingesetzt werden.
Eine größere Verbesserungsmaßnahme ist der Umbau der Räumlichkeiten der Abteilung. Dieser ist in vollem Gange. Sind Sie der Meinung, dass die neue Umgebung zusätzlich positiv auf die Veränderungsmotivation wirkt?
Stefan Seißler: Ja, ich hoffe, dass diese sehr wichtige Maßnahme auch als Impuls für weitere Veränderungen in der Abteilung dient. Dieser grundlegende Umbau und die damit einhergehende Modernisierung tragen die größte visuell sichtbare Veränderung und Erneuerung in sich. So soll die Dynamik aufrechterhalten werden.
Nur wenn aktuelle Aufgaben konsequent weitergeführt werden und offene Themen mit Motivation und Gestaltungswillen angegangen werden, kann sich die Abteilung nachhaltig weiterentwickeln und flexibel auf neue Anforderungen reagieren.
Was ist aus ihrer Sicht eine zentrale Kompetenz/ die wichtigsten Skills oder Tools, die Mitarbeitende in der Zukunft benötigen, um die vielfältigen Veränderungen weitestgehend eigenständig umsetzen zu können?
Stefan Seißler: Entscheidend ist aus meiner Sicht die Fähigkeit, in kurzen Zeitfenstern zu arbeiten, Prioritäten zu setzen und sich flexibel anzupassen – ohne dabei in Stress zu geraten. Dazu braucht es Selbstorganisation, gutes Zeitmanagement und einen souveränen Umgang mit Unsicherheit sowie eine entsprechende Fehlertoleranz seitens der Führungsebene. Ebenso wichtig sind Selbstreflexion und die Bereitschaft, Prozesse und eigenes Handeln regelmäßig zu hinterfragen, um Veränderungen aktiv mitzugestalten.
Zukunftsorientiertes Arbeiten erfordert außerdem Lernbereitschaft, insbesondere die Fähigkeit, „lernen zu lernen“, sowie digitale Grundkompetenzen im Umgang mit Automatisierung und KI. Nicht zuletzt ist es entscheidend, äußere Einflüsse auf die eigene Rolle zu erkennen und zu übersetzen: Was bedeutet das für mich – und wie kann ich neue Anforderungen wirksam umsetzen?
Nun zum Abschluss: Würden Sie die Entscheidung, eine externe Begleitung hinzuzuziehen, im Nachgang wieder so treffen? Was empfehlen Sie anderen Kolleginnen und Kollegen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen?
Stefan Seißler: Ein klares ja! Ich würde die Entscheidung wieder so treffen. Veränderungsprojekte scheitern m. E. oft nicht an der Analyse, sondern an der nachfolgenden Umsetzung. Ich halte es für sehr wichtig, nicht am falschen Ende zu sparen. Eine gute Analyse braucht eine ebenso konsequente Umsetzungsbegleitung – mit ausreichend Ressourcen und klarer Verantwortung. Das können die wenigsten kleineren bis mittleren Stadtwerke komplett eigenständig organisieren.
Externe Expertise kann, gerade in der Umsetzungsphase, ein entscheidender Schlüssel sein.
Herr Seißler, herzlichen Dank für Ihre Zeit.
Die Fragen stellte: Christina Ribbrock

Stefan Seißler
Bereichsleiter Markt, Prokurist

